„Warum wurden die Etrusker trotz guter wirtschaftlicher Voraussetzungen nicht zu den Herren erst Italiens und dann des gesamten Mittelmeerraumes, sondern ihre Nachbarn, die Römer?“ Unter diese Fragestellung stellte der Bielefelder Althistoriker Prof. Dr. Uwe Walter seinen Winckelmann-Vortrag mit dem Titel „Reichtum. Macht. Staat?“ am 21. November 2024 im gut gefüllten Hörsaal des Hessischen Landesmuseums. Nach der Begrüßung und Vorstellung des Referenten durch unseren Vorsitzenden Prof. Dr. Schneider sprach Walter anschaulich und inhaltlich sehr fundiert über die Etrusker im Kontext der griechischen und römischen Geschichte. Zur Illustration präsentierte er zahlreiche Fotos von herausragenden archäologischen Funden und Karten mit der Ausdehnung des etruskischen Machtbereichs.
Aufgrund ihrer natürlichen Ressourcen entstanden in Etrurien mehrere mächtige Stadtstaaten, die von Königen oder Oligarchen regiert wurden. Sie dehnten ihren Machtbereich bis in die Po-Ebene und in die Gegend von Cumae aus. Es gelang ihnen auch, drei römische Könige zu stellen und so über mehrere Jahrzehnte die Tiberstadt zu beherrschen. Doch spätestens nach der Vertreibung der Tarquinier und dem fehlgeschlagenen Angriffs des etruskischen Königs Lars Porsenna auf Rom zu ihrer Wiedereinsetzung begann das Blatt sich zu wenden.
Die Stadtstaaten zeigten keine politische Modernisierung mehr. Es kam zur Multipolarität und Vereinzelung der Stadtstaaten, was zur Folge hatte, dass es keine längerfristige und wirksame Kooperation zwischen ihnen gab. In den Gemeinden selbst gab es häufige und offenbar gravierende Spannungen. Dies alles begünstigte den Aufstieg Roms, das ein großflächiges Bündnis- und Herrschaftssystem aufbaute. Dabei eroberte es einen etruskischen Stadtstaat nach dem anderen, bis die Etrusker zu Beginn der frühen Kaiserzeit komplett aus der Geschichte verschwanden. Ihr letzter berühmter Vertreter war der Aristokrat Maecenas, der reiche Gönner von Horaz, Vergil und anderen Dichtern.
Etrusker-Sein wurde seitdem in der populären historischen Rezeption mit Wohlstand und Lebensstil verbunden, Römer-Sein hingegen mit Politik und Herrschaft.
Mit viel Applaus für Professor Walter endete ein sehr interessanter Vortragsabend.
Stand: 28. November 2024